12. Juli 2024

Aktuelle Informationen im Themenfeld extreme Rechte

(Stand: Juni 2024)

Gedrucktes

Die TikTok-Intifada

Eva Berendsen, Dr. Deborah Schnabel (Hrsg.):: Die TikTok-Intifada – Der 7. Oktober & die Folgen im Netz – Analyse & Empfehlungen der Bildungsstätte Anne Frank. Frankfurt a.M. 2024, 40 S.,

Kostenloser Download unter: Link

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 spielen Soziale Netzwerke eine bedeutende und vielfach unterschätzte Rolle bei der Verbreitung von Terrorpropaganda, Falschinformationen, Israelhass, Antisemitismus und Verschwörungsnarrativen.

Die Bildungsstätte Anne Frank fasst in ihrem Report #Nahostkonflikt die Beobachtungen relevanter Plattformen aus den ersten drei Monaten nach dem Terroranschlag in einer ad-hoc-Analyse zusammen. Der Report legt den Schwerpunkt auf TikTok – das unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen beliebteste und reichweitenstärkste Netzwerk– und schildert die drastischen Auswirkungen des TikTok-Konsums auf die politische Meinungsbildung der jungen Zielgruppe.

 

Antisemitismus und die Bedrohung der politischen Ordnung

Samuel Salzborn: Wehrlose Demokratie? Antisemitismus und die Bedrohung der politischen Ordnung. Berlin 2024, 144 S., 17,00 €, ISBN: 978-3-95565-642-3

Der Kampf gegen Antisemitismus ist erst seit kurzem systematische Aufgabe des Staates. Der Weg zur einer vollumfänglichen Antisemitismusbekämpfung ist noch weit, die Verzahnung von Prävention, Intervention und Repression dabei die zentrale Herausforderung. Das Selbstverständnis der Bundesrepublik als wehrhafte Demokratie bildet hierfür einen zentralen Rahmen – auch wenn es oft in Vergessenheit geraten zu sein scheint. Angesichts des Erstarkens des Antisemitismus wirkt der Kampf nicht selten wenig wehrhaft, ja gar bisweilen sogar wehrlos. Eine Neujustierung der wehrhaften Demokratie in der Bundesrepublik kann helfen, Potenziale auszuschöpfen und Mängel zu beheben. Und mehr noch: gerade das Selbstverständnis als wehrhafte Demokratie als zentralen Anker im Kampf gegen Antisemitismus zu begreifen.

 

Antisemitismus in und aus der Türkei

Corry Guttstadt, Sonja Galler (Hrsg.): Antisemitismus in und aus der Türkei Hamburg 2023, 550S., ISBN 978-3-946-246-56-5

[Gegen eine gesonderte Bereitstellungspauschale von 5,- Euro in der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg (Dammtorwall 1, 20354 Hamburg, Telefon 040 428 23-48 02, Email) erhältlich.]

Seit dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober zeigt sich der Antisemitismus in der Türkei in aller Offenheit: Die regierungsnahe Yeni Şafak ruft am, 8. Dezember auf der Titelseite die Welt dazu auf, die Juden zu vernichten (Dünya bu virüsü yok etmeli), AKP-Politiker bejubeln Hitler und den Holocaust, eine islamistische Zeitung fordert den Entzug der Staatsangehörigkeit türkischer Juden und sich als ‚Linke‘ verstehende vergleichen das Massaker der Hamas mit dem Aufstand im Warschauer Ghetto.

Doch schon seit längerer Zeit ist Antisemitismus in der Türkei ein weit verbreitetes Phänomen: Regierungspolitiker verbreiten antisemitische Verschwörungstheorien, beliebte Unterhaltungsserien im Fernsehen tragen Antisemitismus in türkische Wohnzimmer und Schulen, Universitäten oder Kulturfestivals werden nach antisemitischen Autoren benannt.

Zahlreiche antisemitische Topoi und Referenzen aus dem türkischen Diskurs – ob islamisch oder säkular – sind jedoch ohne eine Kenntnis des Hintergrunds nicht ohne weiteres erkennbar. Das führt in hiesigen Debatten zu pauschalen Vereinfachungen bezüglich des sogenannten ‚importierten‘ oder ‚islamischen‘ Antisemitismus oder aber zu seiner Bagatellisierung.

Der Sammelband stellt erstmals ein breites Spektrum historischer und aktueller Erscheinungsformen von Antisemitismus seit dem ausgehenden Osmanischen Reich bis in die gegenwärtige Türkei vor. Er umfasst Perspektiven verschiedener Wissenschaftsdisziplinen ebenso wie Erfahrungsberichte von Aktivistinnen und Aktivisten, die sich gegen Antisemitismus in der Türkei engagieren. Ein Augenmerk des Bandes gilt den Bezügen zur Gegenwart in der Türkei sowie zur Situation in der Bundesrepublik.

Inhaltsverzeichnis und Einleitung des Bands stehen hier zum Download zur Verfügung.

 

Der Aufstieg der Rechten in Krisenzeiten

Daniel Mullis: Der Aufstieg der Rechten in Krisenzeiten – Die Regression der Mitte. Stuttgart 2024, 336 S., 22€, ISBN: 978-3-15-011469-8.

Warum sind rechte und rechtsextreme Bewegungen in Krisenzeiten so erfolgreich? Mit welchen Strategien überzeugen sie die Mehrheit davon, dass die Verteidigung der eigenen Privilegien wichtiger ist als Solidarität oder Verzicht? Der Sozialwissenschaftler Daniel Mullis untersucht, für welche Botschaften die gesellschaftliche Mitte empfänglich ist. In zahlreichen Gesprächen arbeitet er die bundesdeutsche Befindlichkeit unserer Gegenwart heraus. Und er fragt danach, wie progressive Politik in unsicheren Zeiten gelingen kann.

 

Was Populisten wollen

Marcel Lewandowsky: Was Populisten wollen. Wie sie die Gesellschaft herausfordern – und wie man ihnen begegnen sollte. Köln 2024, 336 S., 20€, ISBN: 978-3-462-00672-8

Seit vielen Jahren nimmt die Zahl der Menschen zu, die populistisch wählen, doch bislang reagieren Politik und Zivilgesellschaft hilflos. Der Politikwissenschaftler Marcel Lewandowsky erklärt das damit, dass ein wesentlicher Aspekt bislang kaum beachtet wird: Viele Wähler sind nicht deshalb so schwer zu gewinnen, weil sie die Demokratie ablehnen, sondern weil sie sich selbst für die wahren Demokraten halten – alle anderen jedoch für Feinde der Demokratie.

Der Autor erklärt diesen Konflikt mit der Ideologie und den Methoden des Rechtspopulismus. Populisten erheben ihre Anhänger zur »schweigenden Mehrheit«, geißeln die Eliten und zeichnen das Bild einer Demokratie in der permanenten Krise. Sie versprechen ihren Wählern »echte« Demokratie: Wo sie regieren, soll das Volk ungehindert herrschen.

 

Antiosteuropäischer Rassismus in Deutschland

Jannis Panagiotidis / Hans-Christian Petersen: Antiosteuropäischer Rassismus in Deutschland. Geschichte und Gegenwart. Weinheim 2024, 238 S., 25€, ISBN:978-3-7799-6823-8

Die Tradition der Abwertung gegen Menschen aus dem östlichen Europa ist lang und hatte historisch verheerende Konsequenzen. Sie endete nicht 1945, sondern wirkt bis heute fort. Zugleich stellt sie in der Rassismusforschung wie in antirassistischen Debatten nach wie vor eine auffällige Leerstelle dar. Dieses Buch bietet einen Überblick darüber, in welcher Form Menschen aus dem östlichen Europa in Deutschland Rassismus erlitten haben und bis heute erleiden. Zugleich stellt es ein Plädoyer für eine Osterweiterung der Rassismusdebatte dar.

 

 

 

Im TV

Wie gefährdet ist unsere Demokratie?

Die Enthüllungen des Recherche-Netzwerks “Correctiv” zu einem Geheimtreffen von AfD-Mitgliedern und anderen extremen Rechten in einem Landhaus bei Potsdam hat für große Aufregung gesorgt: Politiker*innen wirkten plötzlich wachgerüttelt, Hundertausende gingen auf die Straßen, um für ihre Demokratie einzustehen. Bei dem Treffen in Potsdam soll es um die millionenfache Ausweisung von Menschen aus Deutschland gegangen sein, darunter auch deutsche Staatsbürger*innen. – Bei der Zusammenkunft in Potsdam waren längst nicht nur AfD-Politiker. Wer sich die Teilnehmerliste genauer ansieht, dem offenbart sich ein Netzwerk, das tief in die Mitte der Gesellschaft reicht – ein Netzwerk aus CDU-Mitgliedern, AfD-Funktionären und Mitgliedern der Werteunion. Darüber informiert dieser Beitrag des Kontraste-Magazins.

Hier geht es zur Reportage in der ARD-Mediathek

 

Der AfD-Staat: Rechtsextreme an der Macht?

Vor den Landtagswahlen in diesem Jahr träumt die AfD von absoluten Mehrheiten und einem Ministerpräsidenten Björn Höcke. Angesichts aktueller Umfragewerte ist das keinesfalls ein unrealistisches Szenario. Ein Land unter der Führung einer rechtsextremen Partei – was würde das ganz konkret bedeuten: für Demokratie, für Menschenrechte, für soziale Gerechtigkeit in Deutschland? Klar: Die Zukunft lässt sich nicht vorhersagen – oder doch? MONITOR wagt ein Experiment mithilfe Künstlicher Intelligenz: Wie würde dieses Land unter Führung einer rechtsextremen AfD-Regierung aussehen?

Hier geht es zur Reportage in der ARD-Mediathek

 

Braune Burschenschaften – Das rechtsextreme Netzwerk der AfD

Immer wieder fallen Burschenschaften mit rechtsextremen Umtrieben auf – und mit einer Nähe zur AfD. Das ARD-Politikmagazin Repoert Mainz deckt ein Netzwerk zwischen Partei und Burschenschaftern auf. Zahlreiche AfD-Abgeordnete und -Mitarbeiter sind Burschenschafter. Im Bundestag und in den Landtagen gehören zahlreiche Abgeordnete und Mitarbeiter der AfD einschlägigen Burschenschaften an. Demnach haben mehr als 50 Abgeordnete Bezüge zu Studentenverbindungen. Die meisten von ihnen sind selbst Mitglied, darunter häufig in Burschenschaften und in solchen, die Teil des umstrittenen Dachverbands “Deutsche Burschenschaft” (DB) sind. Experten schätzen diesen als besonders rechtslastig ein. Andere Abgeordnete beschäftigen Mitarbeiter aus diesem Milieu oder haben bereits in Burschenschaftshäusern Vorträge gehalten.

Hier geht es zur Reportage in der ARD-Mediathek

 

 

Im Radio

Dimensionen des aktuellen Rechtsextremismus

Reichsfahnen neben Friedenstauben, antisemitische Verschwörungserzählungen im Plenarsaal, Hitler-Memes im Chatverlauf, Brandanschläge auf Flüchtlingswohnheime, Löschkalk und Leichensäcke.

Der Rechtsextremismus in Deutschland hat sich in den letzten Jahren verändert – vor allem sein Resonanzraum. Vielerorts reden Menschen mit entsprechenden Weltbildern unverhohlen im öffentlichen Raum mit, gelten ihre Anschauungen plötzlich nicht mehr als ewiggestrig. Die Pandemie war der Wendepunkt: Bei den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen schien es selbst Teilen des esoterisch-alternativen Milieus egal, wenn der Reichsadler neben ihnen wehte und vom „gesunden Volkskörper“ schwadroniert wurde. Ähnlich der Eindruck bei einigen Friedensdemonstrationen der jüngeren Vergangenheit. Neben Friedensaktivistinnen und -aktivisten, deren Herz seit Jahrzehnten links schlägt, stehen heute stramme Rechte. Einig ist man sich darin, dass der eigentliche Aggressor im Westen säße. Alles andere scheint bei diesem neuen Laisser-faire nicht zu interessieren. Doch nimmt Deutschland damit eine Sonderrolle ein? Auch in anderen Ländern hat sich das rechtsextreme Spektrum gewandelt, wird in der „Mitte“ zunehmend akzeptierter und hat mitunter gar Regierungsverantwortung übernommen.

Doch was genau hat sich denn verändert im Rechtsextremismus? Die Themen? Die Akteurinnen und Akteure? Oder was sonst?

Sechs Journalistinnen und Journalisten begeben sich auf Spurensuche. Entstanden ist dabei ein Podcast über das, was neu ist im Rechtsextremismus – in elf Folgen beleuchten sie die Dimensionen des aktuellen Rechtsextremismus.

Hier geht es zum Podcast der Bundeszentrale für politische Bildung

 

Eisernes Schweigen. Über das Attentat meines Vaters.

Wie ist es, wenn man nach dem Tod des Vaters herausfindet, dass er ein rechtsradikaler Attentäter war? Davon erzählt Traudl Bünger in diesem 8teiligen Podcast (und ihrem Buch) mit dem Titel “Eisernes Schweigen”.

Es ist die Biografie ihres Vaters, der 1962 an einem tödlichen Bombenanschlag beteiligt war. Dass ihn ein Geheimnis umgibt, wusste sie schon als Kind. Nach seinem Tod machte sie sich auf die Suche nach der Wahrheit. Vier Jahre lang recherchierte sie in zahlreichen Archiven und drei Ländern. Dabei geht es um ihre Familie, um blinde Flecken in der deutsch-deutschen Geschichte, um rechtsnationale Netzwerke, die bis heute wirken – und um die große Frage nach dem Warum.

Hier geht es zum Beitrag in der WDR-Audiothek

 

Soziale Desintegration und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer ist einer der bekanntesten Rechtextremismusforscher in Deutschland und prägte als Leiter eines Forschungsprogramms zur empirischen Langzeituntersuchung seit Anfang des Jahrtausends den Begriff „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ . Er sprach schon 2002 von Demokratieentlerung: Der politische Apparat funktioniere zwar noch, aber das Vertrauen in der Bevölkerung breche weg. In diesem Gespräch blickt er auf seine jahrzehntlange Forschung zur politischen Rechten und sozialen Desintegration zurück.

Hier geht es zum Beitrag in der Deutschlandfunk-Audiothek

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