Neues Beratungsangebot NAVI
NAVI steht für „Neuorientierung und Abwendung von Verschwörungsideologien“. Wir unterstützen Personen, die beginnen, an der von ihnen vertretenen Einstellungen zu zweifeln und die offen dafür sind, hierüber mit uns in den Austausch zu gehen. NAVI ist ein Schwerpunkt im Angebot Kurswechsel, welches seit 2014 Ausstiegsarbeit im Themenfeld Rechtsextremismus in Hamburg anbietet. Durch die enge Vernetzung mit den Kolleg*innen verfügen wir über fundierte Kenntnisse in systemischer und sozialraumorientierter Beratung. Unser Träger ist das CJD e.V. mit Sitz in Hamburg. Finanziert werden wir im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“, gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und von der Sozialbehörde Hamburg.
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Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus (MBT)
In diesem Beitrag möchten wir, das Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus Hamburg (MBT), Einblicke in Teile unserer Beratungsarbeit geben, Beobachtungen zu unterschiedlichen Aktivitäten (extrem) rechter Akteur*innen teilen und den Blick auf zivilgesellschaftliches Gegenengagement richten.
Speziell wollen wir kurz darüber berichten, wie uns die Hamburger AfD und ihre Unterstützer*innen in der konkreten Beratungsarbeit beschäftigen. Die Hamburger NPD ist sowohl personell als auch in ihrer Rolle als politische Partei schwach aufgestellt, dennoch transportiert sie kontinuierlich rassistische und antisemitische Propaganda ins Stadtbild. Da Wahlen, wie die vergangene Europawahl, hier häufig als Anlass genommen werden, wollen wir ihre Aktivitäten hier nochmal in den Blick nehmen. Die Situation um den Hamburger Hauptbahnhof ist ein Thema, das viele Menschen der Stadt beschäftigt – welche Strategien verfolgen dabei aber eigentlich (extrem) rechte Akteur*innen? Dieser Frage nähern wir uns ebenfalls.
Aus den unterschiedlichen Bereichen der Zivilgesellschaft wird sich gegen rechte, rassistische und antisemitische Vorgänge positioniert und engagiert. Es ist wichtig, dies immer wieder aufzuzeigen, deshalb wollen wir allgemein auf einige Aspekte dieses Engagements schauen.
Bei diesen Beiträgen handelt es sich um einzelne und beispielhaft ausgewählte Beobachtungen, die wir in diesem Rahmen teilen möchten, die aber natürlich nur ein kleiner und unvollständiger Teil dessen sind, was an und gegen (extrem) rechten Aktivitäten in Hamburg stattfindet.
Neonazis und die Europawahl 2024
Wie in der Vergangenheit ist anlässlich anstehender Wahlen damit zu rechnen, dass (extrem) rechte Parteien den öffentlichen Raum mit ihren Inhalten vermehrt beanspruchen wollen. Insbesondere die NPD Hamburg (bundesweit nennt sich die Partei seit einiger Zeit „Die Heimat“) fällt durch verschiedene Aktionen auf. Dass diese Partei nur im verschwindend kleinen Maße Stimmen einfährt, ist hierbei nicht entscheidend. Sie bringt antisemitische und rassistische Propaganda in das Stadtbild. Im Zuge der Europawahl im Jahr 2019 warb die NPD beispielsweise in Hamburg-Rahlstedt mit Holocaust-glorifizierenden Plakaten. Außerdem fuhren NPD-Personen in einem Leihwagen, der mit einem Lautsprecher bestückt war, durch die Stadteile Horn, Billstedt und Jenfeld und verbreiteten dort rassistische Hetze. Für die Bürgerschaftswahlen 2025 hat die Hamburger NPD ihre Teilnahme angekündigt, weshalb mit ähnlichen Vorfällen zu rechnen ist. Bei der Europawahl 2024 trat der Bundeszusammenhang der „Heimat“ an, die mit der NPD Hamburg aufgrund interner Streitigkeiten im Clinch liegt. Die Aktionen der letzten Wochen und Monate waren u.a. ein Flyer-Verteilen zum „Muttertag“, die Organisation an einer zweistellig besuchten Neonazi-Demo am 01. Mai (mehrere Hundert Gegendemonstrant_innen) in Celle, geschichtsrevisionistische Besuche eines ehemaligen Friedhofes in Harburg (08.05.) und das Fotografieren nicht-weißer Personen (darunter Kinder) mit anschließender Veröffentlichung und rassistischer Kommentierung auf den eigenen Internetpräsenzen.
Beratungsfälle mit AfD-Bezug
Auch die Hamburger AfD befindet sich im Wahlkampf, der Aufwind der Partei und eine dagegenhaltende Zivilgesellschaft machen sich in unserer Beratungsarbeit bemerkbar. Rund 20% der Beratungsfälle aus dem bisherigen Jahr haben einen klaren AfD-Bezug. Fast zwei Drittel dieser Ratsuchenden sind Institutionen, die auf uns zukommen, weil sie sich mit dem Wirken der AfD-Hamburg konfrontiert und davon unter Druck gesetzt sehen. Nicht wenige dieser Institutionen sind soziale Projekte, die Wohnungslose, Frauen, Geflüchtete oder Kinder und Jugendliche unterstützen. Nicht selten erleben wir, dass Einzelpersonen im Wohnumfeld dieser Einrichtungen in Konfliktsituationen mit der AfD drohen. Dabei kommt es vor, dass die Bürgerschaftsfraktion der AfD diese Beschwerden von bspw. Anwohner*innen in Schriftlichen Kleinen Anfragen und/oder auf ihren Social-Media-Profilen aufgreift. Damit sind häufig zahlreiche rechte Anfeindungen, Drohungen und Beleidigungen gegen die entsprechende Institution verbunden. Letztendlich führt dies nicht nur zu Stress, Sorgen, Angst und Unsicherheit. Die Institutionen werden in ihrer wichtigen Arbeit blockiert, sodass sie mindestens zeitweise ihre Zielgruppen nicht vollumfänglich unterstützen können.
Situation am Hamburger Hauptbahnhof – Strategien (extrem) rechter Akteur*innen
Die Situation rund um den Hamburger Hauptbahnhof wird von verschiedenen Akteur*innen gezielt für rassistische und sozialdarwinistische Hetze genutzt. Das rechtsextreme Compact Magazin veröffentlichte Anfang des Jahres ein in 2023 gefilmtes Video. Darin werden mit Blick auf staatliche Leistungen wohnungslose und geflüchtete Menschen gegeneinander ausgespielt und abgewertet. Eine ähnliche Strategie verfolgt die Hamburger NPD, die auch in diesem Jahr wieder zwischen Steinstraße, Mönckebergstraße und August-Bebel-Park unterwegs war, um vermeintlich deutsche Wohnungslose gegen vermeintlich nicht-deutsche aufzuhetzen. Mit dieser Aktion („deutsche Winterhilfe“) brüstete sie sich im Nachgang auf den eigenen Internetpräsenzen. AfD-Fraktionschef Nockemann oder auch die AfD-Bezirksfraktion Mitte machen Migrant*innen für Gewalt und Kriminalität am Hauptbahnhof verantwortlich. Gleichzeitig wird aus der Partei heraus die ablehnende Haltung gegenüber Wohnungslosen deutlich: Nockemann und Fraktionsvizechef Wolf stören sich öffentlich an der Anwesenheit wohnungsloser Menschen im Stadtzentrum, während sich die AfD-Bezirksfraktion Eimsbüttel der Einrichtung Wohnungslosenunterkunft im eher am Stadtrand gelegenen Niendorf entgegenstellt.
Gegenengagement aus der Hamburger Zivilgesellschaft
Das Engagement gegen rechte Aktivitäten in Hamburg war auch in den letzten Monaten sichtbar, u.a. durch Demonstrationen in Solidarität mit den Betroffenen nach öffentlich gewordenen Vorfällen von Anti-Schwarzem Rassismus in Ottensen. Ebenso wie bei den Großveranstaltungen gegen Rechts Anfang des Jahres im Nachgang zu den veröffentlichten Correctiv-Recherchen. Teile der Zivilgesellschaft mit eigenen Rassismus- und/oder Antisemitismuserfahrungen machen kontinuierlich auf Vorfälle und rechte Akteur*innen in Stadtteilen aufmerksam. Dabei konnte es durch Erfahrungswissen und Vernetzung zumindest in einigen Fällen gelingen, (potenziell) Betroffene vor möglichen rechten Übergriffen an verschiedenen Orten der Stadt zu warnen.
Verbindungen, wie bspw. des Hamburger AfD Kandidaten für die Europawahl zur „Identitären Bewegung“ oder die Teilnahme des Pressesprechers der AfD-Bürgerschaftsfraktion an einer Neonazi-Demonstration in Dresden 2009, sind erst durch zivilgesellschaftliche Recherche bekannt geworden. In der Beratungsarbeit verzeichnen wir zunehmend Anfragen von Einzelpersonen, die sich engagieren möchten, sowie Institutionen, die mit dem Anliegen zu uns kommen, sich präventiv gut gegen rechte Haltungen und Handlungen aufzustellen.
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Mobiles Beratungsteam (MBT) | Telefon: 040 284016-202 | Email | https://mobileberatunghamburg.de/