12. Dezember 2022

Aktuelle Informationen im Themenfeld extreme Rechte

(Stand: Dezember 2022)

Gedrucktes

Leipziger Autoritarismus-Studie 2022

Oliver Decker, Johannes Kiess, Ayline Heller, Elmar Brähler (Hg.): Autoritäre Dynamiken in unsicheren Zeiten: Neue Herausforderungen – alte Reaktionen? Gießen 2022, 402 Seiten, 29,90€, ISBN 978-3837931754.

Seit 2002 analysieren Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Universität Leipzig die Entwicklung autoritärer und rechtsextremer Einstellungen in Deutschland zuerst als Mitte-Studie und seit 2018 als Autoritarismus-Studie. Die Autoritarismus-Studie 2022 zeigt deutliche Entwicklungen und erfasst aktuelle Trends im Zusammenhang mit der COVID-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine.

Die zentralen Ergebnisse sind:

  • Bürger*innen stehen mit großer Mehrheit hinter der Demokratie, der „harte Kern“ antidemokratischer Milieus wird kleiner.
  • Allerdings sind nur sechs von zehn Befragten mit den gelebten demokratischen Prozessen zufrieden.
  • Die Zahl der Personen mit einem geschlossen rechtsextremem Weltbild nimmt ab – bei gleichzeitiger Verfestigung extremistischer Milieus.
  • Ausländerfeindliche Einstellungen verharren auf hohem Niveau.
  • Weit verbreitet sind zudem antifeministische und sexistische Einstellungen – nicht selten gehen sie einher mit anderen Ressentiments wie etwa Homo- und Transfeindlichkeit.

Die Studie wird von der Heinrich-Böll-Stiftung und der Otto Brenner Stiftung unterstützt und kann hier kostenlos heruntergeladen werden.

 

Verschwörungsdenken und die Abwertung Ukraine-Geflüchteter in der sich zuspitzenden Energiekrise

Andreas Hövermann: Verschwörungsdenken und die Abwertung Ukraine-Geflüchteter in der sich zuspitzenden Energiekrise. WSI Report, Düsseldorf 2022, 41 Seiten, ISSN 2366-7079.

Der vorliegende Report analysiert anhand von Befragungsdaten des HBS-Erwerbspersonenpanels vom April/Mai 2022 vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine und der sich zuspitzenden Energiekrise Ausprägungen rechtspopulistischer Einstellungen in Deutschland. Hierzu wird auf das Verschwörungsdenken und die Abwertung von geflüchteten Ukrainer*innen fokussiert. Die Analysen zeigen hohe Zusammenhänge zwischen den beiden Phänomenen und größere Zustimmungsraten unter Befragten jüngeren Alters sowie unter Befragten mit niedrigem Schulabschluss oder geringem Haushaltseinkommen; jedoch auch, dass die Phänomene keineswegs ausschließlich in diesen Populationen verortet werden können. Analysen früherer Einstellungen der Befragten ergeben, dass viele Zustimmende auch zuvor Verschwörungsdenken mit Bezug zur Pandemie teilten und gegen den Regierungskurs aufbegehrten. Finanzielle Sorgen und Belastungen sowie ein geringes Vertrauen in politische Institutionen erweisen sich schließlich als hochrelevante Erklärungsfaktoren, die in Kombination einen bedeutenden Wirkmechanismus in der aktuellen Krise darstellen.

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Klimarassismus

Matthias Quent / Christoph Richter / Axel Salheiser: Klimarassismus. Der Kampf der Rechten gegen die ökologische Wende. München 2022, 288 Seiten, 20,00€, ISBN EAN 978-3-492-06399-9

Weltweit blockieren rechte Parteien und Netzwerke effektiven Klimaschutz. Das ist kein Zufall: Denn die Hauptverantwortung für den Klimawandel trägt der reiche globale Norden, aber seine Opfer sind vor allem ohnehin benachteiligte Menschen – hierzulande und im globalen Süden. Weiße Vorherrschaft, extreme Ungleichheit und die Ausbeutung von Menschen und der Umwelt gehen Hand in Hand. Um Klimarassismus und -klassismus zu verschleiern, leugnen viele, dass die Erderhitzung überhaupt ein Problem ist.

Dieses Buch zeigt, wo die massiven politischen Gefahren des Rückschlags gegen den grünen Umbau liegen, mit welchen Netzwerken und Argumentationsweisen die Rechten die Zukunft angreifen, was das mit unserem Alltag und dem herrschenden System zu tun hat und was wir für Klima und Gerechtigkeit tun können. (Verlagstext)

 

Ein antisemitischer Doppelmord

Uffa Jensen: Ein antisemitischer Doppelmord. Die vergessene Geschichte des Rechtsterrorismus in der Bundesrepublik. Berlin 2022, 317 Seiten, 24,00€, ISBN 978-3-518-43002-6.

Am 19. Dezember 1980 wurden Shlomo Lewin, der ehemalige Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Nürnberg, und seine Lebensgefährtin Frida Poeschke in ihrem Haus in Erlangen erschossen. Statt den Spuren nachzugehen, die zur rechtsextremistischen »Wehrsportgruppe Hoffmann« führten, konzentrierten sich die Ermittler lange auf das Umfeld Lewins. Die genauen Umstände der Bluttat blieben ungeklärt. Kaum ein zeitgeschichtlich bedeutendes Ereignis wurde so aggressiv vergessen wie dieser antisemitische Doppelmord. Der Historiker Uffa Jensen rekonstruiert die Tat und ihre Hintergründe. Er stellt das Attentat in Bezug zu den weiteren Anschlägen des Jahres 1980, in dem in der Bundesrepublik mehr Menschen durch (rechten) Terror ums Leben kamen als in jedem anderen Jahr. Dabei macht Jensen die Muster im Umgang mit Rechtsterrorismus sichtbar, die sich künftig mehrfach wiederholen sollten – eine bis heute anhaltende Geschichte aus Gewalt, Verharmlosung und Verdrängung. (Verlagstext)

 

Ein Lehrstück über Rassismus

Hans Woller: Jagdszenen aus Niederthann. Ein Lehrstück über Rassismus. München 2022, 256 Seiten, 26,00€, ISBN 978-3-406-79315-8.

In Niederthann gärt eine dunkle Vergangenheit. Das beschauliche Dorf in Oberbayern war in den 1970er Jahren Schauplatz eines Verbrechens, das als Lehrstück für Alltagsrassismus und seine verhängnisvollen Konsequenzen dienen kann: Eine junge Romni verlor ihr Leben, eine andere blieb schwer verletzt zurück. Der Historiker Hans Woller hat den Kriminalfall rekonstruiert und erzählt eine Geschichte voller Abgründe und rassistischer Ressentiments, die uns fern erscheint, aber doch so nahe ist. Denn Fragen wie diese sind nach wie vor brandaktuell: Die Schüsse von Niederthann – könnten sie wieder fallen, wen würden sie diesmal treffen, und würde die Gesellschaft heute anders darauf reagieren als damals, als man den Täter zum Opfer erklärte und den Opfern mit ebenso kaltherziger wie herabsetzender Gehässigkeit begegnete? (Verlagstext)

 

 

Im TV

Aufgewachsen unter Glatzen – Das Erbe der Baseballschlägerjahre

„National befreite Zonen“, Springerstiefel, Baseballschläger: Bis weit in die 2000er-Jahre beherrschten Angst und Gewalt viele Regionen der früheren DDR. Die Schrecken wirken nach – bis heute. 30 Jahre nach dem Pogrom von Rostock-Lichtenhagen im August 1992 widmet sich die zweiteilige Dokumentation der gewaltvollen Nachwendezeit und dem eklatanten Staatsversagen, das die „Baseballschlägerjahre“ möglich gemacht hat. (3sat)

Hier geht zum Beitrag in der 3sat-Mediathek

 

Unsere Geschichte – Rechte Gewalt vor Rostock-Lichtenhagen

Die Anschläge in Rostock-Lichtenhagen im Sommer 1992 stehen auch 30 Jahre später bundesweit für einen Höhepunkt an rassistischer Gewalt. Doch es gibt eine Vorgeschichte, die bis heute kaum zur Kenntnis genommen worden ist. Angriffe auf Migranten und Unterkünfte für Geflüchtete gab es schon zuvor, und zwar flächendeckend.

Anfang der 1990er Jahre verübten Gruppen von Jugendlichen Brandanschläge auf Asylunterkünfte in Ueckermünde, Schwerin, Ribnitz-Damgarten und Greifswald, sogar zeitgleich an einem Tag. Auch Vertragsarbeiter aus Vietnam und ausländische Studierende wurden frühe Opfer. Mehr als 100 solcher Angriffe gab es vor dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen allein in Mecklenburg-Vorpommern. Die meisten davon sind heute kaum beachtet und nicht aufgearbeitet. Filmaufnahmen geben Aufschluss über Täter und Opfer von damals. (NDR)

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Schöne neue Parallelwelt – Netzwerke der „Alternativmedien“

Sie prophezeien eine angebliche „Corona-Diktatur 2.0“ und sehen im Ukraine-Krieg das Werk von „Globalisten“: Auf1 und andere selbsterklärte „Alternativmedien“ wie Compact oder Apolut. Hinter den Krisen unserer Zeit wittern sie stets die große Verschwörung. Mit den radikalen Protesten auf der Straße bilden diese Medien eine Symbiose. Doch sie bekommen Gegenwind: YouTube sperrt ihre Kanäle, Medienaufsichten ermahnen sie. Dieses „ZAPP spezial“ zeigt, wie sich Medienaktivisten wie Ken Jebsen oder der Österreicher Stefan Magnet gegen Widerstände durchsetzen und an einer neuen, vernetzen Gegenöffentlichkeit arbeiten. (NDR)

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Extremisten mit Staatsauftrag – Das System der V-Leute

Neonazis, Islamisten, Reichsbürger oder politische Parteien – zahlreiche Gruppierungen versuchen immer wieder, das demokratische System zu erschüttern. Mit einem riesigen System aus Informanten versuchen Polizei und Verfassungsschutz, Informationen aus dem Innenleben verfassungsfeindlicher Gruppen zu erlangen.

Das Ziel ist, die demokratische Grundordnung zu schützen und Gewalttaten bis hin zu Terroranschlägen zu verhindern. Diese Informanten werden V-Leute, Vertrauensleute oder kurz „Quellen“ genannt. Das System basiert auf Bezahlung. Insgesamt fließen Millionen Euro in diese Form der Informationsbeschaffung. Doch wer sind die V-Leute, die unsere Innenbehörden informieren, was ist ihre Motivation? Und ist es überhaupt sinnvoll, Extremisten zu bezahlen, die möglicherweise das Geld in den Aufbau genau jener Strukturen stecken, die der Staat eigentlich bekämpfen will?

In der Dokumentation sprechen Quellen, Verfassungsschutz-Präsidenten, Mitglieder politischer Kontrollgremien und Extremismusforscher über das zweischneidige Schwert: Sind bezahlte Informanten Sicherheitsgaranten oder Brandstifter im Staatsauftrag? (ZDF)

Hier geht es zur Dokumentation in der ZDF-Mediathek

 

 

Im Radio

Seelenfänger – Der Anastasia-Kult

Anastasia ist die größte neu-religiöse Bewegung in Russland – und wächst auch in Deutschland.
Es klingt nach Idylle, nach einem Leben im Einklang mit der Natur – tatsächlich aber verbergen sich hinter der Ökofassade des Anastasia-Kults auch braune Gedanken, Antisemitismus, Rassismus und Verschwörungsmythen und Reichsbürgerideen. Warum sich Menschen von dieser Bewegung angezogen fühlen, die eigentlich auf die russische Fantasy-Figur Anastasia zurückgeht, das hat ein Team über Monate hinweg für den Podcast „Der Anastasia-Kult“ recherchiert.
Hinter einer Kulisse aus Landleben, gesundem Essen und Lagerfeuer-Romantik verbergen sich allerdings Verschwörungsmythen und Rassismus. Eine Recherche über die dunklen Seiten eines Öko-Kults. (BR)

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Alle unter einem Aluhut? – Doku über alternative Milieus und rechte Ränder

Die selbsternannten „Querdenker“ werden mit vielen Begriffen belegt: Schwurbler, Rechte, Covidioten. Ein genauerer Blick zeigt: Diese Gruppe ist divers, vereint durch einen gemeinsamen Feind: den Staat. Dass Homöopathen, Anthroposophen und Esoteriker neben Rechten marschierten, hat manche überrascht. Beobachter der rechten Szene jedoch nicht. Macht eine alternative Lebenseinstellung anfällig für rechtes Gedankengut? Oder ist das doch eine Erfindung der „Mainstream-Medien“? Und wie geht das alternative Milieu mit dem Vorwurf um, am rechten Rand zu stehen? (SWR)

Hier geht eszum Beitrag in der SWR-Mediathek

 

Der Brandanschlag von Mölln am 23.11.1992

30 Jahre danach: Beim Brandanschlag von Neonazis in Mölln sterben 1992 zwei Mädchen und ihre Großmutter. Die gesamten 90er sind geprägt von rechtsextremer Gewalt. Die Aufarbeitung dauert bis heute an. Auch die Hinterbliebenen von Mölln kämpfen immer noch für Gerechtigkeit. (BR)

Hier geht es zum Beitrag in der BR-Mediathek

 

Der Fall Yeboah – Rassismus vor Gericht

Samuel Yeboah wurde 1991 bei einem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Saarlouis getötet. Der Geflüchtete aus Ghana starb mit 27 Jahren. Obwohl es damals immer wieder Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte im Raum Saarlouis gab, stellte die Polizei die Ermittlungen nach elf Monaten ein. Der Mordfall Samuel Yeboah wurde zu den Akten gelegt. Jetzt, drei Jahrzehnte später, hat der Generalbundesanwalt Anklage gegen einen damals schon stadtbekannten Neonazi erhoben. Der Prozess hat Mitte November begonnen.  Warum mussten 30 Jahre vergehen, bis dieser Mord als rassistisch motivierte Tat verhandelt wird? (SR)

Hier geht es zu den drei Folgen in der ARD-Audiothek

 

Die rassistischen Angriffe von Rostock-Lichtenhagen 1992

Nach tagelangen Angriffen von rechten Randalierern und einer jubelnden Menge eskaliert die Gewalt am Montag, dem 24. August 1992 in Rostock-Lichtenhagen. Ein Mob versucht das sog. Sonnenblumenhaus zu stürmen und bewirft das Gebäude mit Steinen und Molotowcocktails. In der Reportage werden die Hintergründe der Tat beleuchtet und mit Jochen Schmidt gesporchen, der damals mit vietnamesischen „Vertragsarbeitern“ im Sonnenblumenhaus gefangen war. (BR)

Hier geht es zu der Reportage in der BR-Mediathek

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